Einführung Training
von Karl-Heinz Raboldt
Die Sport-Windhunde, über die ich schreibe, gliedern sich heute in Renn- und Coursinghunde. Sie werden
trainiert, um Wettkampfsport zu betreiben. Besitzer von Windhunden, die nur gelegentlich auf Renn- oder
Coursingplätzen erscheinen, um ihren Hunden etwas Bewegung zu verschaffen, seien hier nicht
angesprochen! Wie schon erwähnt, gibt es keine Patentrezepte, die beim Training auf alle Hunde
angewendet werden können. Jeder Hund ist eben anders! Es gibt Hunde, die braucht man fast gar nicht
trainieren, sie trainieren sich durch ihre Aktivitäten irgendwie von selbst und erbringen je nach Tagesform
immer eine sehr gute Leistung. Naturtalente. Andere Hunde sind regelrecht faul und verschlafen lieber
den Tag. Dennoch erbringen sie die gleiche Leistung, wie manch andere Hunde, die regelmäßig im
Training stehen. Wieder andere Hunde werden zwar regelmäßig trainiert, eine Leistungssteigerung, oder
gar Leistungssprünge, bleiben jedoch aus, oft werden diese Hunde sogar schwächer. Wieder andere
Hunde zeigen überhaupt kein Interesse, dem Hetzobjekt zu folgen. Hetztrieb gleich Null. Züchterisch
manchmal sogar gewollt. Für diese Windhunde ein Fiasko, wie ich meine. Denn ohne diesen Hetztrieb,
wären es keine Windhunde mehr. Diese Hunde sind für ein Training überhaupt nicht geeignet. Was will ich
damit sagen? Ich möchte den sportlich orientierten Windhundbesitzern, die wahrscheinlich wichtigste
Erkenntnis näher bringen und das ist die Wahl des richtigen Hundes aus einer entsprechend
leistungsorientierten Zucht. Herr Dr. Bothendorf schreibt in seinem Beitrag in „Der Hund“ 12/89
„Zuchtprogramm bei der Rasse Greyhound,“ dass insbesondere das Augenmerk auf besonders
leistungsfähige Hündinnen-Familien zu legen ist. Das bedeutet, dass einigermaßen gesicherte
Vorhersagen über die zukünftige Leistungsfähigkeit von Nachkommen am besten über die Betrachtung
von Würfen bestimmter Zuchthündinnen zu erlangen sind. Aber Vorsicht! Rennchampion x Rennchampion
ergibt nicht automatisch wieder einen Rennchampion! Herr Dr. Bothendorf schreibt weiter: „Züchten
heißt, in Generationen zu denken. Es gilt, der kontinuierlichen Zucht nach weiblichen Familien größere
Beachtung zu schenken. Denn nur über eine konsolidierte weibliche Familie erhalten wir entsprechende
Nachkommen, die dem Zuchtziel entsprechen. Durch die einfache Vermehrung von genetisch nicht
verwandten Hunden (out cross) entstand zwar in den letzten Jahren eine leistungsstärkere Population,
jedoch ist eine Diskrepanz zwischen Leistungsvermögen und gezeigter Leistung zu beobachten.“ Ich
interpretiere diese Aussage so, dass zwar die Leistungsdichte bei den Rennhunden durch Out-Cross-
Verpaarungen größer geworden ist, größere Leistungsfortschritte oder Leistungssprünge, abgesehen von
Leistungen einzelner Ausnahmehunde, aber nicht zu verzeichnen waren. Hunde aus leistungsorientierten
Out- Cross-Verpaarungen werden zwar ihr hohes Leistungsvermögen halten, einen absoluten Spitzenhund
zu erhalten, bleibt jedoch weiterhin Glückssache. Ganz einfach betrachtet, kann man einen Hund, der von
seiner Veranlagung her, nicht über die nötigen physischen und auch psychischen Voraussetzungen
verfügt, noch so viel und noch so gut trainieren, er wird keine ganz großen Erfolge erringen. Sein
Potential ist erschöpft. Eher wird dieser Hund „kaputt trainiert“ und es besteht die große Gefahr einer
bleibenden Gesundheitsschädigung. Wenn der Besitzer Glück hat, verweigert sich der Hund von selbst.
Dieses Verhalten muss erkannt werden und man sollte den Hund dann nicht weiter zur Leistung zwingen.
Ich selbst glaube auch fest daran, dass als zweite wesentliche Voraussetzung für die Leistungsfähigkeit
eines Hundes, sein „Herz“ entscheidend ist, der Wille, als erster die „Beute“ zu erreichen! In einem seiner
Vorträge referierte Dr. Erhard Keller unter anderem über die: Physiologischen Grundlagen des
Organismus. Der im Sport häufig gebrauchte Begriff der Kondition setzt sich aus den Faktoren Ausdauer,
Schnelligkeit, und Kraft zusammen. Die Ausdauer ist für den Langstreckensportler von großer Bedeutung,
die Schnelligkeit für die Sprinter, zu denen alle unsere Windhunde im Hinblick auf die ihnen abverlangte
Leistung auf unseren Bahnen und Parcours, zu zählen sind. Das Training wirkt auf die verschiedenen
Organe des Körpers, wie Herz und Lunge und auf die Muskulatur ebenso, wie auf das zentrale
Nervensystem. Jede sportliche Leistung benötigt Energie. Diese Energie gewinnt der Körper am
einfachsten auf dem Wege der Zuckerverbrennung im Rahmen des Zitronensäurezyklus in verschiedenen
Stufen, wobei pro Stufe ein gewisses Maß an Energie entsteht, die dann vom Organismus gespeichert
oder verbraucht wird.
Ausdauertraining – aerobe Phase
Das Ausdauertraining wirkt besonders auf Herz und Lunge. Hierbei wird vom Sportler der so genannte
„steady state“ angestrebt. Jener Zustand in dem der Körper die benötigte Energie über die
Zuckerverbrennung mit Sauerstoff liefert = aerobe Phase. Zucker wird bei diesem Vorgang unter Mithilfe
von Enzymen vollständig zu Kohlendioxid und Wasser abgebaut. Das heißt, dass z.B. der Hund neben
dem Fahrrad nur so schnell trabt, wie genügend Sauerstoff für die Energiegewinnung zur Verfügung
steht. Andernfalls geriete der Körper in eine Sauerstoffschuld, was bedeutet, dass für diese
Reaktionsfolge nicht mehr genügend Sauerstoff im Muskel vorhanden ist und deshalb der Zuckerabbau in
die anaerobe Phase umgeleitet wird.
Sprint- und Tempotraining – anaerobe Phase
Bei dieser extremen Leistung erfolgt die Energiebereitstellung ohne Hilfe von Sauerstoff. Die Atmung
geschieht aus einem reinen Reflex heraus. Der Zuckerabbau stoppt hier wegen des Sauerstoffmangels auf
einer niedrigen Stufe und mündet in einem anderen Weg der Energiegewinnung ein, nämlich in den der
Umwandlung von Pyruvat in Lactat (Milchsäure), wobei der Träger der Energie das Adenosintriphosphat
(ATP) ist. Dies führt zu einer Anhäufung von Milchsäure im Muskel, die sich dann als „Muskelkater“
bemerkbar macht. Nur in einem ungenügend trainierten Organismus entsteht ein Muskelkater, was sich
an der schlechten und langsamen Regeneration der Leistungsfähigkeit des Körpers zeigt. Um die
anfallende Milchsäure abzupuffern oder zu neutralisieren muss die Leber Bicarbonationen bilden. Auch
hier ist ein Angriffspunkt des Sprinttrainings: die Leber wird zur verstärkten Produktion von „Puffern“
angeregt. Bei der anaeroben Phase können weniger Energieträger energiereiches Phosphat (ATP) in den
Mitochondrien der Muskelzelle („Kleinstkraftwerke“) gebildet und gespeichert werden, bzw. die ATP-
Synthese ist bereits blockiert. Das Ziel eines jeden Trainings muss daher der Vermehrung der
Mitochondrien sein und damit der Steigerung von Speicherkapazität für ATP dienen. Energie in Form von
ATP kann jedoch nicht langfristig gespeichert werden. Dazu muss der Körper Glykogen in der Leber und
in der Muskulatur aufbauen und lagern. Bei Bedarf kann dieses Substrat in Glukose umgewandelt und so
wiederum Energie auf dem Wege des aeroben und anaeroben Zuckerabbaus gewonnen werden.
Ermüdung
Hierbei kommt es zur Erschöpfung der Energiereserven von Glykogen und ATP, zur Milchsäureanhäufung
und damit verbunden zum Absinken des ph-Wertes (Säuregrad) des Blutes, zur Wärmespeicherung und
zur Entleerung der Acetylcholinspeicher (Ach), die für die Reizübertragung an den Nervenenden
notwendig sind. Der Organismus benötigt zum auffüllen der Speicher und zum abpuffern der
entstandenen Säure, sowie zum abkühlen eine gewisse Regenerationszeit. Ihr Maß ist abhängig vom
Trainingszustand des Rennhundes.